Geschichte der Nanotechnologie

Oft wird die Frage gestellt: "Wann wurde die Nanotechnologie erfunden?" Dieser Begriff stammt zwar aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, umfasst aber auch Herstellungsweisen, die sehr alte Wurzeln haben.

Schon die alten Römer verwendeten unwissentlich Metall-Nanopartikel in der Glaskunst und nutzten deren optischen Eigenschaften, um bemerkenswerte Farbeffekte zu erzielen. Die Größe und Form der Metall-Nanopartikel beeinflussen die sichtbaren Farben. Ein im britischen Museum in London ausgestelltes Stück der römischen Glaskunst - der Becher des Lykurgus - ist ein faszinierendes Beispiel dieser Farbeffekte. Von außen erscheint der Becher grün. Wenn er aber von innen beleuchtet wird, erscheint der Becher rubinrot  - bis auf den König Lykurgus, der lila erscheint. Die Ursache für diese Zweifarbigkeit (Dichroismus) ist die Anwesenheit von im Glas befindlichen nanoskaligen Teilchen aus Silber, Gold und Kupfer bis zu einer Größe von 100 nm.

 

Auch im Mittelalter wurde Gold und Silber bei der Herstellung von Glas verwendet. Nur noch wenige mittelalterliche Kirchenfenster sind Zeitzeugen dieser Herstellungsart. Die Glashersteller ahnten damals nicht, dass die im Glas eingeschmolzenen winzigen Gold- und Silberpartikel Anhäufungen von Nanopartikeln waren. Das Fensterglas erschien nicht, wie man glauben möchte, goldgelb und silbern, sondern erstrahlte in einem wunderschönen Rubinrot und Gelb. Ausschlaggebend dafür ist die Änderung der Wellenlänge des Lichtes.
Es hat fast ein halbes Jahrtausend gedauert bis zur visionären Rede von Richard Feynman, die das moderne Zeitalter der Nanotechnologie eingeläutet hat.

 

 

Zeittafel

1959
Richard P. Feynman
Im Jahr 1959 hielt der Physiker Richard P. Feynman am  kalifornischen Institut für Technologie (Caltech) seine berühmte  Rede  "There is plenty of room at the bottom" ("Es gibt genügend  Platz nach unten" ), die oft als der Grundstein für die Entwicklung  der Nanotechnologie betrachtet wird. Feynman sprach davon, dass  es im Prinzip möglich wäre, Materie Atom für Atom aufzubauen.
1974
Norio Taniguchi
Der Begriff der Nanotechnologie selbst wurde erstmals vom japanischen Professor Norio Taniguchi 1974 verwendet. Er versteht unter Nanotechnologie die Veränderung von Materialien, sei es Atom für Atom oder Molekül für Molekül ("Nanotechnology mainly consists of the processing of separation, consolidation, and deformation of materials by one atom or one molecule").
1981
Gerd Binnig und Heinrich Rohrer
Mit der Entwicklung des Rastertunnelmikroskops durch Gerd Binnig und Heinrich Rohrer, wurde es möglich, Strukturen im Nanometerbereich abzubilden und sogar mit einzelnen Atomen zu experimentieren. 1986 erhielten Binnig und Rohrer hierfür den Nobelpreis.
1985
Harry Kroto, Richard E. Smalley, Robert F. Curl jr.
Ein weiterer Durchbruch gelang den drei Wissenschaftlern Robert F. Curl jr. (USA), Sir Harold W. Kroto (England) und Richard E. Smalley (USA) mit der Entdeckung der Fullerene. Die bekanntesten bestehen aus 60 Kohlenstoffatomen und haben die Erscheinungsform eines Balles, weshalb sie auch als "Buckyballs" bezeichnet werden. Als Anerkennung für ihre Entdeckungen bekamen die drei Wissenschaftler den Nobelpreis.
1986
K. Eric Drexler
Eric Drexler machte den Begriff der Nanotechnologie weithin bekannt. Mit seinem Buch "Engines of Creation" gab er den Anstoß, dass sich Wissenschaftler und Mediziner, darunter auch Richard E. Smalley (Fullerene), dem Studium der Nanotechnologie widmeten. Drexler beschreibt die Konstruktion von komplexen Maschinen und Materialien aus einzelnen Atomen.

 

 

Diese Visionen der Pioniere der Nanotechnologie sind auch heute noch Motor für viele Wissenschaftler, sich mit der Entwicklung der Nanotechnologie und den damit verbunden Möglichkeiten auseinanderzusetzen. Mittlerweile ist die Nanotechnologie zu einem der innovativsten Zweige der modernen Wissenschaft geworden, indem sie alle Naturwissenschaften zusammengeführt und Verknüpfungen zwischen verschiedenen Disziplinen geschaffen hat.