Derzeit wird daran geforscht, ob und unter welchen Bedingungen Nanomaterialien gesundheitliche Risiken darstellen können.

 

Nanotoxikologie

Die Toxikologie beschäftigt sich allgemein mit schädlichen oder unerwünschten Wirkungen chemischer Stoffe auf Lebewesen. Der Bereich der "Nanotoxikologie" untersucht die unerwünschten Wirkungen von Materialien, die aufgrund ihrer Größe ("nano-Größe") besondere Eigenschaften entfalten.

Da Substanzen in Nanogröße andere Eigenschaften haben können,  können mögliche Wirkungen in der Regel nicht aus den Informationen des gleichen Stoffes in größerer Form abgeleitet werden. Für die meisten Nanomaterialien gibt es bisher nur wenig toxikologische Daten, weshalb derzeit eine abschließende Aussage zur Sicherheit oder Gefährlichkeit von Nanomaterialien nicht möglich ist.

 

Die Aufnahme in den menschlichen Körper ist entscheidend

Allein das Vorhandensein eines Nanomaterials sagt noch nichts darüber aus, ob es Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben kann. Nanomaterialien müssen zuerst vom menschlichen Körper aufgenommen werden.

Die Lunge, Haut und Schleimhäute, Magen-Darm-Trakt, Blutkreislauf und der Riechnerv stellen mögliche Aufnahmewege für den Menschen dar. Die Art der Aufnahme ist für die gesundheitliche Wirkung mitentscheidend.


Für die Aufnahme in den menschlichen Körper ist die Unterscheidung zwischen freien und gebundenen Nanopartikeln wichtig. Um abzuschätzen, ob von Nanoprodukten spezifische gesundheitliche Risiken ausgehen, ist es wichtig zu wissen, ob die eingesetzten Nanomaterialien in einer Matrix fest gebunden oder ungebunden im Produkt vorliegen. Bei gebundenen Nanomaterialien, die fest in der Anwendung oder im Produkt verankert sind, ist eine Freisetzung und in weiterer Folge eine Aufnahme daher eher unwahrscheinlich. Freie Nanopartikel hingegen können aufgrund ihrer hohen Beweglichkeit vom menschlichen Körper leichter aufgenommen werden. Natürliche Barrierefunktionen (wie z.B. die gesunde Haut als Barriere) bieten aber auch Schutz.

 

Unterschiedliche Nanomaterialien - unterschiedliche Bedingungen - verschiedene gesundheitliche Wirkungen

Da Nanomaterialien sehr unterschiedliche physikalische und chemische Eigenschaften haben, kann nicht generell gesagt werden, ob und welche gesundheitliche Auswirkungen sie auslösen können.  Alleine die geometrische Form desselben Stoffes oder die Beschichtung von Nanopartikeln (wie z.B. bei einer Verkapselung) kann dessen Eigenschaften verändern. Mit den veränderten Eigenschaften kann es auch zu anderen gesundheitlichen Auswirkungen auf den Menschen und die Umwelt kommen.


Auch die äußeren Bedingungen, Produkte oder Lösungen, in denen sich die Nanomaterialien befinden, beeinflussen die Auswirkung der Nanomaterialien auf den menschlichen Körper. Aus diesen Gründen ist es wichtig, bei Versuchen genau zu beschreiben, mit welchem Nanomaterial gearbeitet wird und welche Eigenschaften es aufweist. Derzeit werden weltweit große Anstrengungen unternommen, um verlässliche Tests für die Beschreibung und Identifizierung der Nanopartikel zu entwickeln.

 

Oberfläche, Löslichkeit und Abbaubarkeit als wichtige Eigenschaft

Nanopartikel besitzen im Vergleich zu ihrer Größe eine sehr große Oberfläche. Die wesentlichen Eigenschaften eines Materials hängen stark von dessen Oberfläche ab, da die Oberfläche mit der Umgebung in Wechselwirkung tritt. Das hohe Verhältnis von Oberfläche zur Masse kann zu neuen chemischen, optischen und mechanischen Eigenschaften führen.
Lösliche und abbaubare Stoffe verhalten sich anders als unlösliche. Lösliche Nanopartikel verbleiben nicht in ihrer Nanoform, deshalb gibt es bei diesen Substanzen derzeit weniger Bedenken für die Gesundheit.

 

Welche gesundheitlichen Wirkungen von Nanomaterialien sind denkbar?

Generell kann nicht gesagt werden, ob und welche gesundheitlichen Wirkungen Nanomaterialien auslösen können. Hinweise kommen aus Versuchen, die mit bestimmten Materialien unter bestimmten Bedingungen durchgeführt wurden.


Demnach können Nanomaterialien, wenn sie vom Körper aufgenommen werden, über das Blut und das Lymphsystem verteilt werden. Sie können dann entweder abgebaut und ausgeschieden werden oder möglicherweise auch in verschiedene Organe (z.B. Leber, Milz, Niere, Knochenmark) gelangen und dort angereichert werden.


Versuche haben gezeigt, dass Nanopartikel auf Grund ihrer geringen Größe auch natürliche "Schranken" des Körpers überwinden können: Beispielsweise die Blut-Hirn-Schranke, die das Gehirn besonders gut gegen Fremdstoffe schützt (durch diese Eigenschaft ergibt sich aber in der Medizin auch die Möglichkeit der Behandlung von neurologischen Krankheiten).

 
Hinweise auf gesundheitliche Auswirkungen von Nanopartikeln, die über die Lunge in den menschlichen Körper gelangen, geben Erkenntnisse aus Studien von ultrafeinen Staubpartikeln.


Diskutiert werden derzeit Auswirkungen auf die Atemorgane, aber auch eine zellschädigende, entzündungsfördernde und auch krebserzeugende Wirkung von bestimmten Nanomaterialien. Bei Tierversuchen konnten Entzündungsreaktionen im Bereich der Lunge gezeigt werden.
Ob es zu einer Anreicherung von Nanomaterialien im Körper kommt, daran wird derzeit geforscht. Es liegen noch keine aussagekräftigen Daten vor, welche Langzeitwirkungen durch Nanomaterialien im menschlichen Körper zu erwarten sind.

 

Kann aus Ergebnissen von Experimenten mit Zellen eindeutig auf Menschen rückgeschlossen werden?

Alle Lebewesen bestehen aus Zellen, die die kleinste lebensfähige Einheit des Lebens ist. Eine Zelle ist mit allen lebenswichtigen Funktionen für das Wachstum und die Vermehrung ausgestattet, sie ist also wie ein kleiner Organismus. Deshalb werden oftmals Zellen herangezogen um Auswirkungen von chemischen Substanzen zu testen und erste Erkenntnisse und Informationen über die Substanz und deren Eigenschaften zu gewinnen.


In Experimenten, die mit verschiedenen Nanomaterialien in Zellkulturen durchgeführt wurden, konnten bei manchen Nanomaterialien negative Auswirkungen auf Zellen festgestellt werden.


Ob dieselben Wirkungen auch im menschlichen Organismus zutreffen, ist mit solchen Versuchen nur bedingt zu klären. Rückschlüsse von Zellversuchen auf den Menschen sind nur eingeschränkt möglich, da in solchen Versuchen mit sehr hohen Konzentrationen des Nanomaterials geforscht wird. Derartig hohe Konzentrationen an Nanomaterialien kommen aber in Produkten, in der Arbeitswelt und in der Umwelt im Allgemeinen nicht vor. Dasselbe gilt auch für Rückschlüsse aus Ergebnissen von Tierversuchen, die meist mit sehr hohen Partikelkonzentrationen durchgeführt werden.


Trotzdem ist es wichtig, solche Tests durchzuführen, denn sie liefern erste Hinweise und wertvolle Daten für die behördliche Regulierung der Handhabung von Nanomaterialien. Außerdem können auf Grund solcher Daten weniger toxische und bedenkliche Varianten von Nanopartikeln entwickelt werden, wie etwa durch die Veränderung der Oberfläche.

 

Können herkömmliche Tests auch für Nanomaterialien angewendet werden?

Für die Bestimmung, ob ein Stoff unerwünschte Wirkungen beispielsweise auf das menschliche Erbgut hat oder etwa Krebs auslösen könnte, gibt es verschiedene Testmethoden. Ob alle diese Testmethoden, die für herkömmliche Stoffe angewendet werden, aber auch bei Nanomaterialien angewendet werden können, ist noch nicht vollständig klar: Einige müssen hier für die Testung von Nanomaterialien angepasst werden, andere Testmethoden müssen erst entwickelt werden. Für einige wenige ist bereits bekannt, dass sie nicht zur Testung von Nanomaterialien geeignet sind.

 

Aufnahme von Nanopartikeln in den menschlichen Körper

Wie Nanopartikeln in den menschlichen Körper gelangen können und was sie dort verursachen können, wird im NanoTrust Dossier Nr. 3 (Mai 2008) beschrieben.
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Synthetische Nanopartikel und neurologische Effekte
Ob es zu neurologischen Effekten und Risiken durch synthetische Nanopartikel kommen kann, wird im NanoTrust Dossier Nr. 21 (Februar 2011) erklärt.
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Können Nanopartikel in das Gehirn gelangen?
Dieser Frage wird im NanoTrust Dossier Nr 14 (Sept. 2009) nachgegangen
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Nanopartikel, Freie Radikale und Oxidativer Stress
Dieses NanoTrust Dossier Nr. 12 (Mai 2009) gibt einen Überblick, was freie Radikale sind und was bereits über den Zusammenhang zwischen Nanopartikeln und der Bildung von freien Radikalen bekannt ist.
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Einfluss von Nanopartikeln auf zelluläre Funktionen
Das NanoTrust Dossier Nr. 7 (November 2008) gibt einen Einblick in die Zelle und zeigt durch Nanopartikel ausgelöste Schädigungsmöglichkeiten auf.
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Mögliche Auswirkungen von Nanoplastik auf den Menschen

 

Plastik ist aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Weltweit wird es etwa für Verpackungen, im Baugewerbe, in der Textilindustrie, bei Konsumgütern, im Transportwesen, in der Elektrotechnik und Elektronik sowie bei Industriemaschinen verwendet. Nanoplastik – künstlich hergestellte Plastikkügelchen in Nanometergröße – findet sich zum Beispiel in Kosmetikprodukten, biomedizinischen Produkten und Pestiziden (primäres Nanoplastik). Physikalische, oxidative und thermische Einflüsse sowie UV-Strahlung sorgen dafür, dass aus größeren Plastikteilen über Jahre und Jahrzehnte immer kleinere Plastikstücke entstehen (sekundäres Nanoplastik). Regenwürmer, Krill und Bakterien können Plastik mit Hilfe von Enzymen abbauen. Dadurch steigen die Konzentrationen von Mikroplastik (Größe ≤ 5 mm) und Nanoplastik (Größe 1 nm – 1 µm) in der Umwelt. Seit Oktober 2023 ist in der EU die Verwendung von Mikroplastikteilchen und Glitter in kosmetischen Produkten nicht mehr erlaubt. Ob dieses Verbot auch Nanoplastik umfasst, ist bislang allerdings noch unklar. Die Menge an sekundärem Nanoplastik in der Umwelt ist deutlich höher als jene von primären Nanoplastik, und die höchsten Konzentrationen sind in Gewässern zu erwarten. Techniken zur exakten Bestimmung von Nanoplastik sind kaum vorhanden, und so gibt es mehr Daten zu Mikroplastik als zu Nanoplastik.

 

Wie gelangen Nanoplastikteilchen in den Körper?

 

Mikro- und Nanoplastikpartikel gelangen in die Nahrungskette und können vom Menschen über Lebensmittel aufgenommen werden. Die Quellen sind vielfältig und beinhalten unter anderem Beuteltee, Mais, Meeresfrüchte und Fische. Nanoplastikpartikel bis 500 nm durchdringen leicht die Darmwand und können über das Blut alle inneren Organe, inklusiv derer, die durch besondere Schranken geschützt sind (Hirn, Hoden/Ovar, Plazenta, Thymus), erreichen. Eine Aufnahme von Nanoplastik über die Atemwege kann etwa durch das Einatmen von Reifenabrieb erfolgen, welcher besonders während des Bremsens von Autos entsteht. Wenn die Partikel die unteren Luftwege erreichen, gelangen Plastikpartikel bis zu einer Größe von 1 µm leicht ins Blut, da die Blut-Luft-Schranke sehr dünn ist. Von geringer Bedeutung für die Aufnahme in den menschlichen Organismus ist die Haut, da sie relativ undurchdringlich für Partikel ist. Es wurde lediglich die Aufnahme von Partikeln in einer Größenordnung von 20-200 nm in die oberen Hautschichten an Schweißdrüsen und Haarfollikeln berichtet, aber keine Aufnahme ins Blut.

 

Was verursachen Nanoplastikteilchen im Körper?

 

In Zellexperimenten zur Toxizität wurde festgestellt, dass Nanoplastikpartikel durch die Erzeugung von oxidativem Stress Plasmamembranen, Zellorganellen und auch die Erbsubstanz schädigen und zum Zelltod führen können. Nach Aufnahme der Partikel in Immunzellen kann es zur Steigerung von Entzündungsprozessen kommen. Der überwiegende Teil der Nanotoxizitätsstudien wurde mit Polystryrolpartikeln durchgeführt, wobei aus Studien mit Mikropartikeln bekannt ist, dass sich die zelluläre Aufnahme dieser Partikel von den in der Umwelt am meisten vorhandenen Kunststoffen (Polyethylen, Polyvinylchlorid, Polypropylen und Polyethylenterephthalat) unterscheidet. Die biologische Wirkung ist ebenfalls von Größe, Form, Oberflächeneigenschaften und Verformbarkeit abhängig. Die Effekte von aus dem Plastik herausgelösten toxischen Weichmachern (z. B. Biphenyle, Phthalate) wurde bisher noch nicht systematisch untersucht. Die Aussagekraft der meisten bisher vorliegenden Studien ist dadurch beschränkt, dass sie an Zellen oder an Nagetieren durchgeführt wurden und unrealistisch hohe Konzentrationen eingesetzt wurden. Weiterführende Studien unter realistischen Bedingungen zur Toxizität von Nanoplastikteilchen sind deshalb unbedingt notwendig.

 

 

Weiterführende Literatur

Hernandez LM, Yousefi N, Tufenkji N. Are There Nanoplastics in Your Personal Care Products? Environ Sci Technol Lett. 2017, 4: 280-285, doi:10.1021/acs.estlett.7b00187.

Nanoplastics and Human Health: Hazard Identification and Biointerface. Lai H, Liu X, Qu M. Nanomaterials 2022, 12:1298. doi: 10.3390/nano12081298.

Impact of Microplastics and Nanoplastics on Human Health. Yee MS, Hii LW, Looi CK, Lim WM, Wong SF, Kok YY, Tan BK, Wong CY, Leong CO. Nanomaterials 2021, 11:496. doi: 10.3390/nano11020496.

Translocation of particles deposited in the respiratory system: a systematic review and statistical analysis. Nakane H. Environ Health Prev Med. 2012, 17:263-74. PMID: 22101916.

European Commission, Directorate-General for Environment, Nanoplastics – State of knowledge and environmental and human health impacts, Publications Office of the European Union, 2023, https://data.europa.eu/doi/10.2779/632649.