Im Bereich Arbeitswelt gibt es seit langer Zeit Erfahrung beim Umgang mit Partikeln im Nanometerbereich. Neu ist die gezielte Herstellung von Nanomaterialien mit besonderen Eigenschaften, die auch Gefahren mit sich bringen können. Beschäftigte in Labors oder in der Produktion kommen als Erste mit diesen neuen Nanomaterialien in Kontakt.
Wirksamer Schutz vor Partikeln dieser Größenordnung ist erfahrungsgemäß durchaus möglich. Vorsicht beim Umgang mit neuen Materialien, besonders mit Nanomaterialien, ist jedenfalls angebracht. > mehr
Empfehlung der Europäischen Kommission - Sicherer Umgang mit Nanomaterialien am Arbeitsplatz
Die EU - Generaldirektion für Beschäftigung, Soziales und Integration legte im Dezember 2014 zwei Ausarbeitungen vor, die sich mit den potentiellen Risiken des Umgangs mit Nanomaterialien an den Arbeitsplätzen befassen:
- eine an die Arbeitskräfte gerichtete kurze Zusammenstellung von 13 Seiten mit Empfehlungen und Sicherheitsratschlägen ('Working Safely with Manufactured Nanomaterials - Gudiance for Workers')
- eine ausführlichere Studie (mit ca. 60 Seiten), die sich zum gleichen Thema an die Arbeitgeber und die Sicherheitsverantwortlichen richtet ('Guidance on the Protection of Health and Safety of Workers from the Potential Risks related to Nanomaterials at Work - Guidance for Employers and Health and Safety Practitioners').
In beiden Ausarbeitungen finden sich Hinweise auf die bereits vorliegenden Zusammenstellungen über Schutzmaßnahmen an Nano-Arbeitsplätzen - darunter auch auf die Publikationen der AUVA, der AGES und des Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (alle in Österreich), die Empfehlungen der BAUA und des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (in Deutschland), sowie Merkblätter der britischen HSE-Behörde, die Arbeiten des schweizerischen Bundesamtes für Gesundheit BAG, der schweizerischen Unfallversicherung SUVA und der italienischen Behörde für Arbeitsschutz INAIL.
Kurzdarstellung der wesentlichen Inhalte:
Der erste Bericht mit Empfehlungen für Arbeitskräfte richtet sich an Menschen, die bei der Arbeit direkt mit Nanomaterialien umgehen. Es werden zunächst einige wesentliche Fakten zu Nano-materialien berichtet und es werden Hinweise für die Arbeitskräfte gegeben, wie sie unter dem Aspekt der Vorsorge mit Materialien und Produkten umgehen sollten, die möglicherweise Nanobestandteile enthalten:
- Nanomaterialien sind Materialien, die Bestandteile mit Dimensionen von etwa 100 nm oder kleiner enthalten; 1 Nanometer (nm) ist der Millardste Teil eines Meters, (oder: 10 -9 m]; Nanomaterialien kommen auch in der Natur vor, und sie werden auch zufällig - durch Verbrennungs- oder Mahlprozesse - und seit einigen Jahren auch vermehrt gezielt für besondere Anwendungen hergestellt;
- die chemischen und physikalischen Eigenschaften solcher Nanopartikel unterscheiden sich zumeist stark von denen der chemisch identen Materialien, die in regulären Formen (als Makropartikel) vorliegen - und viele Nanopartikel haben daher auch andere Arten der Wirkung auf Menschen, Tiere und die Umwelt;
- Nanopartikel können eingeatmet werden oder mit der Nahrung in den Magen-Darmtrakt gelangen; auch ist ein Eindringen in die Haut in manchen Fällen möglich, und es wurde nachge-wiesen, dass sie im Körper dann in unterschiedliche Organe gelangen können;
- die Auswirkungen von Nanopartikeln auf Körperorgane sind noch nicht vollständig aufgeklärt, doch für einige Arten von Nanopartikeln sind Schädigungen nachgewiesen worden;
- es ist daher ratsam, gegenüber allen Arten von synthetisch hergestellten Nanomaterialien besondere Sorgfalt aufzubringen - dazu sollten die Informationen des Produzenten, die in den Sicherheitsdatenblättern oder den technischen Spezifikationen enthalten sind beachtet werden;
- die Arbeitgeber der Nano-verarbeitenden Industrie sind verpflichtet, eine spezifische Risikobewertung für jedes der im Betrieb verwendete Nanomaterial durchzuführen und dies zu dokumentieren, außerdem muss festgelegt werden, welche Sicherheitsmaßnahmen für die Tätigkeiten an den Arbeitsplätzen notwendig sind.
Der zweite Bericht bringt Ratschläge für Arbeitgeber und Sicherheitsbeauftragte
Damit sollen Arbeitgeber, Gesundheits- und Sicherheitsbeauftragte in Unternahmen dabei unterstützt werden, geeignete Sicherheitsvorschriften für den Umgang mit chemischen Stoffen, und speziell mit Nanomaterialien anzuwenden. Ihre Verpflichtungen sind bereits in der allgemeinen EU- Arbeitsschutzrichtlinie 89/391/EWG festgelegt: - "sie müssen die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer in Bezug auf alle Aspekte, die die Arbeit betreffen, sicherstellen ( ... und) die vorgesehenen Maßnahmen sollen insbesondere das Risiko einer Erkrankung oder eines Arbeitsunfalls ausschalten."
Für den Umgang mit gefährlichen chemischen Stoffen gilt seit einigen Jahren die 'Chemical Agents Directive - CAD' (Richtlinie 98/24/EC), in der - als Pflicht für die Arbeitgeber - die Durchführung einer gezielten Risikobewertung festgelegt wird. Dies gilt auch für den Umgang mit Nanomaterialien.
Einige dieser Substanzen bringen möglicherweise besondere Risiken beim Umgang mit sich. Da viele Details dieses Schädigungspotentials noch nicht ausreichend bekannt sind, schlägt dieser Bericht vor, sich am 'Vorsorgeprinzip' zu orientieren und vorausschauend Maßnahmen zur Verhinderung von möglichen gefährlicher Folgen zu setzen; selbst dann, wenn nicht mit Sicherheit bekannt ist, dass die vermuteten Schädigungen auch wirklich auftreten. Die Durchführung einer solchen Risikobewertung sollte aus mehreren Schritten bestehen, die im Folgenden übersichtlich dargestellt sind:
EU - Generaldirektion für B...
- Erster Schritt - Identifikation: welche Arten von Nanomaterialien werden verwendet? Welche Angaben liegen über sie in den Sicherheitsdatenblättern oder bei den Herstellern vor?
- Zweiter Schritt - Abschätzung des Gefahrenpotentials: liegen die Materialien als trockene Partikel vor (die leicht inhaliert werden können)? Sind die Materialien besonders klein (Partikel mit < 5 bis 10 nm können leichter über die Haut aufgenommen werden)? Bestehen besonders erhöhte Explosions- und Entzündungsrisiken für Nanofeinstaub-Partikel?
- Dritter Schritt - Bewertung des Belastungsniveaus: in welchem Ausmaß werden die Arbeitskräfte bei den unterschiedlichen im Betrieb vorkommenden Aktivitäten gegenüber Nanomaterialien exponiert (bei Labortätigkeiten, Herstellung, Weiterverarbeitung; auch bei Reinigungsarbeiten und bei möglichen Betriebsstörungen)?
- Vierter Schritt - Festlegung von Risiko-Kategorien ('Control Banding'): Zusammenfassung der Informationen, die für die Risikobewertung verwendet werden, und Bewertung durch die Berücksichtigung von Daten des Gefahrenpotentials (aus dem 2. Schritt) und des Belastungsniveaus (aus dem o.a. 3. Schritt) - die Kombination von besonders bedenklichen Substanzen mit hohem möglichem Belastungsniveau bedeutet Hochrisiko und macht besondere Sicherheitsmaßnahmen erforderlich.
- Fünfter Schritt - Detaillierte Risikobewertung: Orientierung an den vorliegenden Empfehlungen für Grenzwerte an den Arbeitsplätzen (OELs - 'occupational exposure limits'), beziehungsweise an den TRGS-Grenzwerten für Fein- und Ultrafeinstäube.
- Sechster Schritt - Risikomanagement/Setzen von Maßnahmen: Beachtung der (aus zahlreichen Ländern bereits vorliegenden) Leitlinien für den Umgang mit Nanomaterialien am Arbeitsplatz;
zum: (1) Design von Geräten und Arbeitsabläufen; zur (2) Bereitstellung von geeigneten Ausrüstungen zum Schutz der Beschäftigten; zur (3) weitgehenden Reduktion der Anzahl von Beschäftigten, die Umgang mit gefährlichen Stoffen haben; zur (4) Beschränkung von Dauer und Intensität des Kontakts mit gefährlichen Stoffen während der Arbeitsprozesse; zur (5) Beachtung von umfassenden Hygiene-Vorschriften; zur (6) Implementierung von sicherheitsorientierten Arbeitsabläufen und Schutzvorkehrungen (wie: Belüftungs- und Filteranlagen, Arbeitskleidungen, Atemmasken, Handschuhe, Schutzbrillen). - Siebter Schritt - Überprüfung der getroffenen Maßnahmen: Erfüllung der Verpflichtung zur regelmäßigen Kontrolle der Wirksamkeit der vorgenommenen Sicherheitsmaßnahmen.